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Aktueller Impfstatus bei Kindern: Impfquoten ausbaufähig

Aktueller Impfstatus bei Kindern: Impfquoten ausbaufähig

Das Robert Koch-Institut (RKI) wird nun einmal jährlich eine Gesamtdarstellung und Interpretation der Impfquoten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland publizieren.1 Welche positiven Entwicklungen es gibt und wo es gilt, noch ein Schippchen draufzulegen, lesen Sie hier.

Aktueller Impfstatus bei Kindern: Impfquoten ausbaufähig

Positive Entwicklung

Grundsätzlich sind die Impfquoten bei den meisten der lang etablierten Impfungen zum Zeitpunkt der Einschulungsuntersuchungen auf einem guten Niveau. Dabei ist ein schneller Anstieg der Inanspruchnahme von Impfungen zu beobachten, die in den letzten 10 – 15 Jahren Einzug in den Impfkalender für Säuglinge gehalten haben. Es handelt sich vor allem um die Impfungen gegen Pneumokokken, Varizellen, Meningokokken C und Rotaviren. Auch bei der Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) ist über die letzten 10 Jahre ein leichter Anstieg der Impfquote zu beobachten – besonders bei der 2. Impfstoffdosis.1

Trotz gutem Niveau: Abzüge in der B-Note

Wo Licht ist, da ist auch Schatten: Jedoch wurden bei allen Impfungen die empfohlenen Alterszeitpunkte nicht eingehalten, Impfserien blieben unvollständig und einige Kinder erhielten manche Impfungen gar nicht. Dabei werden junge Kinder schon durch ein zu spätes Impfen unnötig lang einer Infektionsgefahr ausgesetzt.1 Nicht zeitgerechte Impfungen können dazu führen, dass:

  • das vollständige Impfpotenzial nicht ausgeschöpft werden kann, z. B. bei der Impfung gegen humane Papillomviren (HPV).1
  • ein höheres Risiko für Impfkomplikationen besteht, wie etwa bei der Impfung gegen Rotaviren.1

Wussten Sie schon

In die aktuelle Auswertung der Impfquoten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland flossen Daten aus der Impfstatuserhebung bei den Schuleingangsuntersuchungen von 2008 – 2018, Daten der KV-Impfsurveillance aus den Jahren 2008 – 2019 sowie Ergebnisse aus zusätzlichen Studien des RKI ein.1

Impfung gegen humane Papillomviren (HPV): Luft nach oben

Im Jahr 2011, also etwa 4 Jahre nach Aufnahme der HPV-Impfung in den Impfkalender, waren nur rund ein Viertel der 15-jährigen Mädchen vollständig gegen HPV geimpft. Danach stieg die Impfquote für diese Altersgruppe jedes Jahr um 2 – 3 %. Im Jahr 2018 betrug die Impfquote für eine vollständige HPV-Impfserie bei 15-jährigen Mädchen bundesweit 43,0 %. Insgesamt variiert die Impfquote für die vollständige HPV-Impfserie dabei regional sehr stark. Auf Länderebene war sie nach den aktuellen Zahlen von 2018 in Sachsen-Anhalt mit 63,1 % am höchsten und in Baden-Württemberg mit 34,1 % am niedrigsten. Aber auch auf Kreisebene waren die Unterschiede sehr groß: Im Landkreis Mühldorf am Inn (Bayern) waren nur 15,7 % der 15-jährigen Mädchen vollständig gegen HPV geimpft, in Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) waren es hingegen schon 76,9 %.1

Für das Jahr 2018 wurde bundesweit ein starker Anstieg der Impfquote mit vollständiger Impfserie über die Altersjahre beobachtet: von 0,5 % bei 9-jährigen Mädchen bis 51,1 % bei 18-jährigen Frauen. Im Alter von 18 Jahren hatten zwar 63,2 % der Frauen mit der Impfung begonnen, allerdings nur 51,1 % hatten die Impfserie abgeschlossen – die errechnete Abbruchquote lag bei 19 %. Auch bei den 18-jährigen Frauen wurden große Unterschiede bei den Impfquoten in den verschiedenen Bundesländern beobachtet.1

Die STIKO-Empfehlung zur Impfung gegen HPV für Jungen gilt erst seit August 2018.2 Da der Beobachtungszeitraum nur bis Dezember 2018 reichte, ist der Zeitraum für die Datenerfassung sehr kurz und die berechneten Impfquoten wenig aussagekräftig.1

Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Polio, Hib und HepB: Spät dran

Bei Kindern in sehr jungem Alter sind die Impfquoten für die Standardimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Poliomyelitis (Polio), H. influenzae Typ b (Hib) und Hepatitis B (HepB) nur moderat. Diese Impfungen werden zwar in der Regel bis zum Alter der Schuleingangsuntersuchung nachgeholt – allerdings nicht bei allen Kindern. Somit bestehen nach wie vor Impflücken.1

Der Abschluss der Impfserien zur Grundimmunisierung gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Polio und Hib erfolgte bei nur 78 % aller Kinder bis zum Ende des 2. Lebensjahres. 75 % der geimpften Kinder wurden mit 4 Impfstoffdosen und 3 % wurden nach dem 2+1-Schema geimpft.1

Pneumokokken-Impfung: gut zwei Drittel der 2-jährigen Kinder geimpft

Zeitnah zur Einführung der Pneumokokken-Impfung 2006 stieg die Inanspruchnahme der Impfung stark an. So waren 2018 laut KV-Impfsurveillance 69,3 % der Kinder bis 24 Monate (Geburtsjahrgang 2016) vollständig gegen Pneumokokken geimpft. Somit waren gut zwei Drittel der Kinder bis zum Ende des 2. Lebensjahres gegen Pneumokokken geimpft. Dabei ist das Impfgeschehen in sehr jungem Alter wichtig, weil das Nachholen der Pneumokokken-Impfung nur bis zum vollendeten 2. Lebensjahr empfohlen wird.1

Interessanterweise waren 2018 bei der Schuleingangsuntersuchung 82,1 % der Kinder vollständig gegen Pneumokokken geimpft. Das RKI vermutet, dass möglicherweise ein Teil von ihnen die Impfung außerhalb der STIKO-Empfehlungen zur Standardimpfung gegen Pneumokokken zu einem späteren Zeitpunkt bekommen haben könnte – manche vielleicht wegen einer bestehenden gesundheitlichen Impfindikation.1

Impfung gegen Varizellen: Positiver Trend

Im Jahr 2004 wurde die Impfung gegen Varizellen in den Impfkalender für Kinder aufgenommen. Die Impfungen gegen Varizellen, Masern, Mumps und Röteln werden für die gleichen Altersgruppen empfohlen. Für die 2. Impfdosis steht darüber hinaus ein MMRV-Kombinationsimpfstoff zur Verfügung. Trotzdem wird die Varizellen-Impfung weniger in Anspruch genommen als die MMR-Impfung.1

Für die 1. Varizellen-Impfung bei 15 Monate alten Kleinkindern liegt die Impfquote bundesweit bei 77,1 %. Dabei ist sowohl über die Zeit als auch mit zunehmendem Alter der Kinder ein ansteigender Trend bei der Impfquote zu beobachten: Sie beträgt:1

  • 83,7 % für die Altersgruppen 24 Monate
  • 85,9 % für die Altersgruppen 36 Monate
  • 88,2 % im Alter der Einschulungsuntersuchungen

Die Defizite bei der Inanspruchnahme der 2. Varizellen-Impfung konnten jedoch bis zur Schuleingangsuntersuchung nur mäßig aufgeholt werden. Dabei ist eine hohe Inanspruchnahme der Impfung im Kindesalter wichtig, damit die Erkrankung nicht in einem Alter auftritt, das mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für einen komplizierten Verlauf einhergeht.1

Impfung gegen Masern, Mumps, Röteln: Nationale Ziele verfehlt

Für Masern, Mumps und Röteln (MMR) sind fast ausschließlich Kombinationsimpfstoffe verfügbar. Daher sind die Impfquoten hierfür nahezu identisch. Für die 1. Impfung gegen Masern bei Kleinkindern im Alter von 15 Monaten liegt die bundesweite Impfquote bei 83,5 %. Auffällig ist hierbei auch die Heterogenität der Impfquote auf Kreisebene. So sind z. B. 59,1 % der Kinder in Garmisch-Partenkirchen (Bayern) gegen MMR geimpft, in Neunkirchen (Saarland) 94,6 %. Somit wird das Ziel des nationalen Masernaktionsplans für die 1. Masernimpfung eine Impfquote von 95 % bei Kleinkindern im Alter von 15 Monaten zu erzielen nach wie vor in allen Kreisen verfehlt.1

Insbesondere die Gabe der 2. Masernimpfung erfolgte mit großem Zeitverzug.

Hier liegen die Impfquoten erst im 6. Lebensjahr auf dem Niveau der Werte, die in den Schuleingangsuntersuchungen beobachtet werden: Auf Bundesebene sind 93,1 % der Kinder zweimal gegen Masern geimpft. Damit ist auch ein weiteres Ziel des Masernaktionsplans, wonach 95 % der Kinder zum Schuleingang zweimal gegen Masern geimpft sein sollen, noch nicht bundesweit erreicht.1,*

Bis zum Alter von 72 Monaten sind 95,2 % der Kinder mindestens einmal und 88,7 % zweimal gegen Masern geimpft. 4,8 % der Kinder habe gar keine Masernimpfung bekommen.1

Aktueller Impfstatus bei Kindern: Impfquoten ausbaufähig
Aktueller Impfstatus bei Kindern: Impfquoten ausbaufähig

Ärzte: Das Zünglein an der Waage?

Für einige Impfungen waren starke regionale Unterschiede zu beobachten. Das kann problematisch sein: Auch auf kleinräumige Regionen begrenzte, niedrige Impfquoten gehen mit einem verminderten Gemeinschaftsschutz einher und können zu größeren Ausbruchsgeschehen beitragen. Doch wie könnten diese regionale Impflücken geschlossen werden? Dies bedarf laut RKI weiterer Analysen, die gegebenenfalls nur lokal zu adressieren sind. Eine entscheidende Rolle bei der Impfentscheidung und den lokalen Impfquoten dürfte die Einstellung zu Impfungen sowie die Impfempfehlungen der Ärzte selbst sein.1

Erfreulich ist aus Sicht des RKI die kontinuierlich steigende Inanspruchnahme kürzlich eingeführter Impfungen, die ein Indikator für die zunehmende Akzeptanz der empfohlenen Impfungen in der deutschen Bevölkerung ist.1

Unser Fazit für Sie
Für die meisten der etablierten Impfungen sind die Impfquoten zum Zeitpunkt der Einschulungsuntersuchungen auf einem guten Niveau. Allerdings wurden bei allen untersuchten Standardimpfungen die empfohlenen Alterszeitpunkte nicht eingehalten und Impfserien nicht vervollständigt. Einige Kinder und Jugendliche erhalten manche Impfungen gar nicht. Für einzelne Impfungen wurden starke regionale Unterschiede beobachtet, die einer näheren Analyse bedürfen.

* mit Ausnahme der Bundesländer Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.1
** Der Hochrechnung liegt die Annahme zu Grunde, dass alle Kinder, die weniger als zweimal gegen Masern geimpft wurden, noch nicht an Masern erkrankt waren.1

Quellen

  1. Robert Koch-Institut (RKI). Impfstatus der Kinder und Jugendlichen in Deutschland. Epid Bull 2020;32/33:3-27.
  2. Robert Koch-Institut (RKI). Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut – 2018/2019. Epid Bull 2018;34:335-382.
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