Masernschutzgesetz: 10 Fragen – 10 Antworten
Seit Frühjahr 2020 gilt das Masernschutzgesetz.1 Im Zentrum des Gesetzes steht eine Nachweispflicht einer Masernimmunität für besondere Personengruppen.2 Welche Personengruppen das sind sowie Antworten auf 10 häufige Fragen zum Masernschutzgesetz haben wir hier.
Wer an Masern erkrankt, kann bis zu 18 weitere Personen anstecken, die nicht durch eine Masern-Impfung oder durchgemachte -Erkrankung immun dagegen sind. Mit der Impfung gegen Masern schützen Geimpfte also nicht nur sich selbst, sondern tragen auch zum Gemeinschaftsschutz bei. Zwar ist die Zahl der Masern-Erkrankungen in Deutschland seit Einführung der Masern-Impfung vor über 40 Jahren deutlich gesunken. Trotzdem treten in manchen Jahren noch hohe Fallzahlen, schwere Komplikationen und Todesfälle auf. Um den individuellen Masernschutz zu verbessern, die Impfquoten zu erhöhen und einen ausreichenden Gemeinschaftsschutz zu erreichen, ist am 1. März 2020 das Masernschutzgesetz in Kraft getreten.2
Bei besonders ansteckenden Krankheiten, die die Gesundheit und das Leben anderer gefährden, wird eine Impfpflicht als zulässig erachtet. Der Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit rechtfertigt dabei den gesetzlichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bereits im Jahr 1959, bei der Frage der Vereinbarkeit der verpflichtenden Pocken-Schutzimpfung mit dem Grundgesetz, festgestellt.1
Nein, eine Zwangsimpfung kommt keinesfalls in Betracht.1
Ein zentraler Punkt im Masernschutzgesetz ist die Nachweispflicht einer Immunität gegen Masern.2 Die gesetzlichen Vorgaben orientieren sich an den STIKO-Empfehlungen. Einen Nachweis müssen gemäß Masernschutzgesetz alle nach 1970 geborenen Personen erbringen, die in einer vom Gesetz umfassten Einrichtung arbeiten, betreut werden oder untergebracht sind. Die Nachweispflicht gilt für alle, die
- in einer Gemeinschaftseinrichtung betreut werden, wie z. B. Horte und Kindertageseinrichtungen, bestimmte Formen der Kindertagespflege, Schulen und sonstige Ausbildungseinrichtungen, in denen vorwiegend minderjährige Personen betreut werden.1
- schon seit 4 Wochen in einem Kinderheim betreut werden.1
- schon seit 4 Wochen in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber:innen und Flüchtende oder Spätaussiedler:innen untergebracht sind.1
- in Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern und Arztpraxen oder in Gemeinschaftseinrichtungen oder -unterkünften tätig sind.1
Personen, die nicht geimpft werden können – z. B. aufgrund einer medizinischen Kontraindikation –, sind von den Regelungen ausgenommen und müssen einen entsprechenden Nachweis vorlegen.1
Erlaubnispflichtige Kindertagespflegeeinrichtungen, die ein oder mehrere Kinder während eines Teils des Tages an mehr als 15 Stunden pro Woche und länger als 3 Monate gegen ein Entgelt betreuen, fallen unter die Regelung des Masernschutzgesetzes. Demnach müssen alle Personen, die in einer dieser Einrichtung betreut werden oder tätig sind, die Impfungen gegen Masern nachweisen.1
Ausbildungseinrichtungen sind dann betroffen, wenn dort > 50 % der Betreuten minderjährig sind. In diesem Fall müssen alle Personen, die dort betreut werden oder tätig sind, die Impfungen gegen Masern nachweisen.1
Nach 1970 Geborene, die in folgenden Einrichtungen tätig sind, müssen die Impfungen gegen Masern nachweisen, auch wenn sie keinen direkten Kontakt zu Patient:innen haben:1
- Krankenhäuser
- Einrichtungen für ambulante Operationen
- Vorsorge- und Rehaeinrichtungen
- Dialyseeinrichtungen
- Tageskliniken
- Entbindungseinrichtungen
- Behandlungs- und Versorgeeinrichtungen, die mit den vorherig genannten Einrichtungen vergleichbar sind
- Arztpraxen (auch Homöopathen)
- Zahnarztpraxen
- Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe
- Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes (bei Durchführung von medizinischen Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulanten Behandlungen)
- Rettungsdienste
- Einrichtungen des Zivil- und Katastrophenschutzes
Praxen, in denen Patient:innen in verschiedenen Räumlichkeiten empfangen, beraten, untersucht und therapiert werden, fallen unter das Masernschutzgesetz. Dazu zählen z. B. Praxen von:1
- Diätassistent:innen
- Ergotherapeut:innen
- Hebammen und Entbindungspfleger:innen
- Logopäd:innen
- Masseur:innen und medizinische Bademeister:innen
- Orthoptist:innen
- Physiotherapeut:innen
- Podolog:innen
Zudem gehören auch Heilpraktiker:innen, Osteopath:innen und Sprachtherapeut:innen zu den Angehörigen von Heilberufen, deren Tätigkeit die Heilung von Krankheiten und die medizinisch-helfende Behandlung von Patient:innen umfasst.1
Das Masernschutzgesetz bezieht sich auf in betroffenen Einrichtungen tätige Personen – somit auch auf Ehrenamtliche und Praktikant:innen.1
- Kinder im Alter ab 1 Jahr müssen eine Masern-Impfung oder eine Masern-Immunität nachweisen.1
- Kinder im Alter ab 2 Jahren und nach 1970 geborene Erwachsene müssen mindestens 2 Masern-Impfungen nachweisen oder ein ärztliches Zeugnis über eine ausreichende Immunität gegen Masern vorlegen. Eine Möglichkeit für den Nachweise der Immunität ist z. B. eine Titerbestimmung. Bei den Kosten für das Attest handelt es sich in der Regel um eine Selbstzahlerleistung für Patient:innen.1
- Kann aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden, muss dies durch ein ärztliches Attest belegt werden.1
Personen, die keinen ausreichenden Masern-Impfschutz nachweisen, können weder in den betroffenen Einrichtungen betreut werden noch tätig sein. Eine Ausnahme gibt es jedoch für schulpflichtige oder einer gesetzlichen Unterbringungspflicht unterliegende Personen.
Für Kinder < 1 Jahr muss kein Nachweis vorgelegt werden, und sie können auch ohne diesen aufgenommen werden. Für Kinder > 1 Jahr muss mindestens 1 Masern-Schutzimpfung nachgewiesen werden oder alternativ eine Immunität gegen Masern. Kinder > 2 Jahren müssen den vollständigen Masern-Impfschutz vorweisen.1
Vor Beginn einer Betreuung oder Tätigkeit in einer betroffenen Einrichtung muss der Leitung einer der folgenden Nachweise vorgelegt werden:1
- Ein Impfausweis oder ein ärztliches Zeugnis darüber, dass ein Impfschutz gegen Masern besteht.
- Ein ärztliches Zeugnis, dass eine Masern-Immunität besteht (z. B. Nachweis durch Titerbestimmung) oder dass aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann.
- Eine Bestätigung einer staatlichen Stelle oder einer anderen vom Masernschutzgesetz betroffenen Einrichtung, dass ein Nachweis bereits vorgelegt wurde.
Wird bei unterbringungs- oder schulpflichtigen Personen kein Nachweis vorgelegt, ist dies durch die Leitung der Einrichtung an das zuständige Gesundheitsamt zu melden.1
Bei Personen, die bereits seit 4 Wochen in Kinderheimen oder Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber:innen und Flüchtende untergebracht sind, ist innerhalb von 4 weiteren Wochen ein Nachweis vorzulegen.1
Werden Personen bereits in einer entsprechenden Einrichtung betreut oder sind in dieser tätig, muss das Gesundheitsamt im Falle eines fehlenden Nachweises informiert werden.1
Das Gesundheitsamt kann die zum Nachweis verpflichtete Person zu einer Beratung einladen, sollte der erforderliche Nachweis nicht innerhalb einer angemessenen Frist (mind. 10 Tage) vorgelegt werden.1
In Einzelfällen kann das Gesundheitsamt auch entsprechend den bestehenden Risiken entscheiden, ob nach Ablauf einer angemessenen Nachholfrist Tätigkeits- oder Betretungsverbote ausgesprochen werden oder ob Geldbußen und Zwangsgelder ausgesprochen werden.1
Auch ohne vorherige Meldung durch die Leitung einer Einrichtung kann das Gesundheitsamt nachweispflichtige Personen dazu auffordern, einen entsprechenden Nachweis vorzulegen.1
Einzelnen Beschäftigten kann das Gesundheitsamt ein Tätigkeitsverbot aussprechen. Was das für das Betreuungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis bedeutet, richtet sich nach den jeweiligen vertrags-, dienst- oder arbeitsrechtlichen Grundlagen.1
Wird keine Bestätigung einer staatlichen Stelle oder einer anderen Einrichtung vorgelegt, muss der Masernschutz erneut nachgewiesen werden.1
Bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit der übermittelten Nachweise, ist unverzüglich das Gesundheitsamt zu benachrichtigen.1
Das Ausstellen und der Gebrauch von unrichtigen Gesundheitszeugnissen sind strafbar. Darunter fallen auch Impf-Dokumentationen. Ärzt:innen, die solche Dokumente ausstellen, riskieren zudem auch berufsrechtliche Konsequenzen.1
Der Träger einer öffentlichen Jugendhilfe muss das Vorhandensein eines bedarfsgerechten Betreuungsplatzes nachweisen. Damit ist der Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege bereits erfüllt. Dies ändert sich nicht, wenn ein Kind aufgrund eines fehlenden Masernschutz-Nachweises nicht betreut werden kann.1
Die zuständigen Behörden können nach ihrem eigenen pflichtgemäßen Ermessen ein Bußgeld verhängen.1
Erlaubt die Leitung einer Einrichtung die Betreuung oder Beschäftigung einer Person ohne ausreichend nachgewiesenen Masern-Impfschutz oder wird das Gesundheitsamt im Falle einer Benachrichtigungspflicht nicht informiert, muss mit einer Geldstrafe von bis zu 2.500 € gerechnet werden. Dies gilt auch für Personen, die trotz Nachweispflicht und Anforderung des Gesundheitsamtes keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist erbringen.1
Eine wiederholte Verhängung der Geldbuße kann in Frage kommen, wenn eine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung vorliegt. Auch wenn ein neu gefasster (Unterlassungs-) Entschluss anzunehmen ist, kann eine Geldbuße erneut verhängt werden.1 „Freikaufen“ kann man sich also nicht.
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Quellen
- Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). Infektionsschutz.de. Masernschutz: Rechtliche Aspekte. Abrufbar unter: https://www.infektionsschutz.de/themen/masernschutz/themen/rechtliche-aspekte/ [eingesehen am 01.10.2025].
- Robert Koch-Institut (RKI). Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz). Epid Bull 2020;10:3-5.
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