Wann ist eine postexpositionelle Impfung sinnvoll?
Wenn Menschen ohne ausreichenden Impfschutz in direkten Kontakt mit Krankheitserregern kommen, kann eine postexpositionelle Impfung sinnvoll sein.1 Was die STIKO Ungeimpften bei Kontakt zu Erregern empfiehlt, erfahren Sie hier.
Impfungen sollen die geimpfte Person nach Möglichkeit vor ansteckenden Krankheiten schützen und bei ausreichend hohen Impfquoten zu Herdenimmunität führen.2 Dennoch sind nicht alle Kinder und Erwachsenen entsprechend der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) geimpft. Das kann zum Problem werden, wenn unzureichend geschützte Personen Kontakt zu bestimmten Krankheitserregern haben. Wie kann die Weiterverbreitung der Infektionskrankheit möglicherweise verhindert werden? Wie kann der Krankheitsverlauf potenziell abgemildert werden?
Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist: Vorbeugemaßnahmen
Es gibt für den Fall eines Kontaktes (Exposition) von unzureichend geimpften Personen mit bestimmten Krankheitserregern verschiedene Vorbeugemaßnahmen:1
- Postexpositionelle Impfung
- Passive Immunisierung durch Gabe von Immunglobulinen
- Chemoprophylaxe
Gut zu wissen
Exposition bedeutet, dass für mindestens 1 Stunde in einem Raum Kontakt zu einer infektiösen Person bestand (face-to-face-Kontakt, Haushaltskontakt).1
Spezifische Prophylaxe: Was wird wann empfohlen?
Nach Kontakt zu an Diphtherie erkrankten Personen wird für die spezifische Prophylaxe Folgendes empfohlen:1
Tab. 1: Vorbeugemaßnahmen nach Kontakt zu an Diphtherie erkrankten Personen. Tabelle modifiziert von MSD nach [1].

Bagatellverletzungen sollten behandelnde Ärztinnen und Ärzte zum Anlass nehmen, um den Tetanus-Impfstatus zu überprüfen. Sie können bereits Eintrittspforten für Clostridium tetani und dessen Sporen sein.1 Das genaue Vorgehen je nach Art der Wunde, dokumentiertem Impfstatus und der Zeit seit der letzten Impfung ist in Tabelle 2 dargestellt. Falls eine postexpositionelle Impfung erforderlich ist, sollte sie unverzüglich durchgeführt werden. Auch unvollendete Grundimmunisierungen sind unbedingt abzuschließen.1
Tab. 2: Tetanus-Immunprophylaxe im Verletzungsfall Tabelle modifiziert von MSD nach [1].

Praxistipp
Als geschultes Personal können Sie als medizinische:r Fachangestellte:r bereits vorab anhand der Impfpasseinträge mögliche Impflücken ausmachen und die Ärztin oder den Arzt darauf hinweisen.
Nach Kontakt mit einer an Keuchhusten erkrankten Person wird von der STIKO eine Chemoprophylaxe wie folgt empfohlen:1
Tab. 3: Vorbeugemaßnahmen nach Kontakt zu an Keuchhusten erkrankten Personen. Tabelle modifiziert von MSD nach [1].

Ein ungeschützter Kontakt gegenüber dem Hepatitis-B-Virus (HBV) erfordert eine schnelle Prophylaxe, wie in Tabelle 4 dargestellt.1
Tab. 4: Vorbeugemaßnahmen nach Kontakt zu an Hepatitis B erkrankten Personen. Tabelle modifiziert von MSD nach [1].

Zunächst sollten der HBsAg-Status des Indexfalls (potenziell erkrankte Person) und der Hepatitis-B-Impfstatus der exponierten Person (Person, die mit potenziell infektiösem Material in Kontakt gekommen ist) ermittelt werden. Die weiteren Maßnahmen hängen in erster Linie vom HBsAg-Status des Indexfalls ab:1
- Unbekannter HBsAg-Status des Indexfalls: HBsAg-Status umgehend (innerhalb von 48 Stunden) ermitteln, andernfalls wird von einem HBsAg-positiven Testergebnis ausgegangen.
- Indexfall ist HBsAg-negativ: Keine weiteren Maßnahmen wegen einer möglichen Infektion. Ungeimpfte oder unvollständig geimpfte exponierte Personen sollten grundimmunisiert werden.
- Indexfall ist HBsAg-positiv: Weiteres Vorgehen vom Impfstatus der Person abhängig, die direkten Kontakt mit dem Krankheitserreger hatte.
Die Immunprophylaxe nach Kontakt mit einer an Kinderlähmung erkrankten Person sollte gemäß Empfehlung erfolgen, wie in Tabelle 5 dargestellt:1
Tab. 5: Vorbeugemaßnahmen nach Kontakt zu an Kinderlähmung erkrankten Personen. Tabelle modifiziert von MSD nach [1].

Nach direktem Kontakt einer ungeimpften Person gegenüber Hib wird folgende Immunprophylaxe empfohlen:1
Tab. 6: Vorbeugemaßnahmen nach Kontakt zu an Hib erkrankten Personen. Tabelle modifiziert von MSD nach [1].

Fazit
Impfungen zählen zu den wichtigsten medizinischen Vorbeugemaßnahmen.1 Sie können vor ansteckenden Krankheiten schützen.2 Bei ungeimpften Personen kann nach direktem Kontakt mit einem Krankheitserreger z. B. eine postexpositionelle Impfung sinnvoll sein.1
Lesenswert
Wissen Sie, welche Empfehlungen der STIKO für Personen gelten, die ungeschützten Kontakt zu Krankheitserregern wie dem Masern- oder Rötelnvirus hatten? Hier erfahren Sie es!
Quellen
- Robert Koch-Institut (RKI). Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2025. Epid Bull 2025;4:1-75.
- Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). Gemeinschaftsschutz: Schutz für den Einzelnen und die Gemeinschaft. Stand: 20.10.2025. https://www.infektionsschutz.de/impfen/wissenswertes-zum-impfen/gemeinschaftsschutz/ [eingesehen am 21.10.2025].
DE-NON-05012 11/25