Teilen

HPV-Impfquoten ausbauen – Strategien und Praxistipps

HPV-Impfquoten ausbauen – Strategien und Praxistipps

Trotz STIKO-Empfehlung und voller Erstattung durch die Krankenkassen sind bislang nicht genug Jugendliche in Deutschland vollständig gegen HPV geimpft. Die WHO und die Europäische Krebsgesellschaft haben dazu Strategien zur weltweiten Eliminierung bestimmter HPV-assoziierter Krebserkrankungen veröffentlicht.

HPV-Impfquote auf- und ausbauen

Impfungen sind eine der wichtigsten Präventionsmaßnahmen, die der Medizin zur Verfügung stehen. Die Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) kann Infektionen vorbeugen, die im späteren Verlauf zu bestimmten HPV-bedingten Karzinomen führen können, und ist für Mädchen und Jungen im Alter von 9–14 Jahren von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen. Die Impfung kann ihre Wirkung am besten entfalten, wenn sie zu einem Zeitpunkt verabreicht wird, zu dem noch keine Infektion mit dem sexuell übertragbaren Erreger vorliegt. Ein vollständiger HPV-Impfschutz noch vor Beginn der sexuellen Aktivität und damit im empfohlenen Impfalter ist aus diesem Grund besonders wichtig.1,2 Daten der KV-Impfsurveillance zeigen jedoch, dass die Impfquoten nach wie vor ausbaufähig sind.3 Aus diesem Grund fordert die Europäische Krebsgesellschaft (ECO): Bis 2030 sollten in allen europäischen Ländern geschlechtsneutrale Impfprogramme zur Prävention von HPV-Infektionen umgesetzt werden.4

Strategien zur Elimination HPV-bedingter Krebserkrankungen

16 % aller Krebserkrankungen weltweit sind bedingt durch eine Virusinfektion – etwa 7 % beträgt dieser Anteil in den entwickelten Ländern – davon ist jede zweite infektionsbedingte Krebsdiagnose auf HPV zurückzuführen. Gemäß RKI erkranken jedes Jahr ca. 6.250 Frauen und ca. 1.600 Männer in Deutschland an HPV-bedingten Karzinomen. Die wichtigste Prophylaxe gegen HPV-Infektionen ist nach wie vor die Schutzimpfung. HPV-Impfstoffe können einer Infektion mit den in den Impfstoffen enthaltenen HPV-Typen vorbeugen.2

Die World Health Organization (WHO) hat Ende 2020 ihre Strategie zur weltweiten Eliminierung von Gebärmutterhalskrebs veröffentlicht. Erklärtes Ziel der Strategie ist es, bis 2030 u.a. eine Impfquote für HPV von 90 % bei Mädchen bis zum 15. Lebensjahr zu erreichen.5 Auch die ECO verfolgt mit ihrem Aktionsplan die Eliminierung bestimmter HPV-assoziierter Krebserkrankungen. Der Aktionsplan umfasst u. a. ein flächendeckendes Impfprogramm für beide Geschlechter.4

Impfquoten ausbaufähig

Die Daten der KV-Impfsurveillance zeigen, dass trotz voller Erstattung und STIKO-Empfehlung (seit 2007 für Mädchen und seit Juni 2018 auch für Jungen) 2020 in Deutschland lediglich 54,1 % der 18-jährigen Mädchen und 8,1 % der 18-jährigen Jungen vollständig gegen HPV geimpft waren.3  In einer aktuellen Analyse zu Impfquoten bei Jungen lag die Impfquote für eine vollständige Impfung bei den 18-jährigen Jungen bis Ende 2021 bei 12,4 %.6 Darüber hinaus wurden für diese wichtige Prophylaxemaßnahme während der COVID-19-Pandemie rückläufige Zahlen dokumentiert.6

Basierend auf der derzeitigen HPV-Impfquote, kann nach Modellberechnungen durch die HPV-Impfung von Mädchen die Häufigkeit von Gebärmutterhalskrebs im Verlauf der nächsten 100 Jahre in Deutschland um mehr als die Hälfte gesenkt werden (163.000 Erkrankungen weniger). Würde man bei Jungen eine vergleichbare Impfquote erreichen, könnten zusätzlich mehr als 76.000 weitere HPV-bedingte Krebsfälle bei Frauen und Männern in Deutschland verhindert werden.7

Es gibt regionale Unterschiede bei Impfquoten und Impfzeitpunkten. Aktuelle Impfquoten in Deutschland auf einen Blick erhalten Sie hier.

HPV-Impfungen in den Praxisalltag integrieren

Die COVID-19-Pandemie hat Impfungen als wichtige Präventionsmaßnahmen in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Neben der COVID-19-Impfung für Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche sollten auch die Quoten anderer impfpräventabler Erkrankungen nicht aus dem Fokus geraten. Um die möglicherweise pandemiebedingt versäumten HPV-Impfungen zeitnah nachzuholen, empfiehlt sich eine Überprüfung des Impfstatus bei jedem Patientenkontakt.8

Um eine hohe Akzeptanz sowohl der Mädchen- als auch der Jungenimpfung zu erreichen, sollte die HPV-Impfung entsprechenden Altersgruppen von Ärzt:innen aktiv angeboten und Sicherheitsbedenken gegenüber der HPV-Impfung unter den Impflingen und den Eltern adressiert werden (siehe Infokasten).9

Eine Übersicht zur praktischen Umsetzung der HPV-Impfempfehlung sowie Tipps zur Koordinierung von Impfterminen und Kontrolluntersuchungen finden Sie hier.

Wichtiges für die Praxis:9

Die Barrieren für die Teilnahme an einer Impfung sollten möglichst niedrig sein. Dabei könnte helfen:

  1. Impftermine auch unabhängig von anderen Terminen anbieten
  2. Praxismitarbeiter:innen und Ärzt:innen sollten gleichermaßen falsche Kontraindikationen kennen und entsprechend adressieren können
  3. Das Gespräch mit den Eltern wichtig nehmen und sowohl über Sinn als auch Mythen der Impfung aufklären
  4. Jugendliche direkt ansprechen und das Bewusstsein für einen vollständigen Impfschutz steigern

Die vollständige Stellungnahme der Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen der DAKJ zum zeitgerechten Impfen von Kindern und Jugendlichen finden Sie hier.

Die folgenden weiterführenden Links verweisen auf unabhängige Informationsquellen und stellen nicht notwendigerweise die Meinung von MSD dar. MSD übernimmt keine Gewähr oder Verantwortung für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität. Die Beiträge drücken die alleinigen Ansichten der jeweiligen Autoren aus.

Quellen

  1. Ständige Impfkommission: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2023. Epid Bull 2023; (4):3–68.
  2. Robert Koch-Institut (RKI). RKI-Ratgeber Humane Papillomviren: Stand: Dezember 2022. Epid Bull 2022; 48: 13–15.
  3. Rieck T et al. Impfquoten von Kinderschutzimpfungen in Deutschland – aktuelle Ergebnisse aus der RKI-Impfsurveillance: Epid Bull 2022;48:3–25.
  4. ECO. Eliminating HPV-Caused Cancers & Diseases in Europe: Case for Action; 2019 [eingesehen am 10.07.23]. Verfügbar unter: https://www.europeancancer.org/resources/51:eliminating-hpv-caused-cancers-and-diseases-in-europe-case-for-action.html.
  5. World Health Organization. Report EB146/9: Accelerating the Elimination of Cervical Cancer as a Global Public Health Problem. Veröffentlicht am 16.12.2019.
  6. Wähner C et al. Uptake of HPV vaccination among boys after the introduction of gender-neutral HPV vaccination in Germany before and during the COVID-19 pandemic. Infection 2023:1–12.
  7. Robert Koch-Institut (RKI). Kurz & Knapp: Faktenblätter zum Impfen: HPV-Impfung; 2019 [eingesehen am 11.07.23]. Verfügbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Materialien/Faktenblaetter/HPV.pdf?__blob=publicationFile.
  8. Robert Koch-Institut (RKI). Erfassung der SARS-CoV-2-Testzahlen in Deutschland (Update vom 29.4.2020). Epid Bull 2020;18:28.
  9. Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DAKJ). Stellungnahme Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen der DAKJ. Mai 2021 [eingesehen am 11.07.23]. Verfügbar unter: https://www.dakj.de/stellungnahmen/zeitgerechtes-impfen-bei-kindern-und-jugendlichen/.
  10. Robert Koch-Institut (RKI). Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut 2023. Epidemiologisches Bulletin. Epid Bull 4/2023.

DE-NON-02957 08/23

logo_vaccinecare_tcm5623-1250670