Pneumokokken-Impfung: Tipps für die aktive Patient:innenansprache
Pneumokokken-Impfung: Tipps für die aktive Patient:innenansprache
Die meisten invasiven Pneumokokken-Erkrankungen traten 2017 in der Altersgruppe 60+ auf.1 Das Risiko für eine schwer verlaufende Pneumokokken-Erkrankung ist u. a. altersabhängig.2 Doch bei älteren Menschen ist die Impfrate oft zu niedrig.3 Praxistipps zur Impf-Aufklärung und -Motivation hier!

Personen mit einem erhöhten Risiko für schwer verlaufende Pneumokokken-Erkrankungen erkennen!
Das Risiko für eine schwer verlaufende Pneumokokken-Erkrankung ist u. a. altersabhängig. Besonders gefährdet sind Kinder in den ersten beiden Lebensjahren sowie ältere Menschen.2 In beiden Personengruppen wurde eine erhöhte Inzidenz für Pneumokokken-Erkrankungen beobachtet.4 Die erhöhte Anfälligkeit im Alter lässt sich mit nachlassenden Abwehrkräften und der Zunahme chronischer Erkrankungen erklären.5 Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland jährlich über 5.000 Menschen in der Altersgruppe 60+ an einer Pneumokokken-bedingten Lungenentzündung (Pneumokokken-Pneumonie) versterben.4
Impfquote 60+ ausbaufähig
Das Ziel der Impfprophylaxe ist es die Zahl invasiver Pneumokokken-Erkrankungen (IPD) und Pneumokokken-Pneumonien sowie damit einhergehende schwere gesundheitliche Folgen und Krankenhauseinweisungen zu reduzieren.4 Aber gerade Menschen in der Altersgruppe 60+ lassen sich zu selten gegen Pneumokokken impfen: Gerade mal 3,5 % der 60-Jährigen war in Deutschland zum 1. Quartal 2021 gegen Pneumokokken geimpft. Bis zum Alter von 73 Jahren stiegen die Impfquoten bundesweit auf etwa 39,7 % und in der Gesamtgruppe der 60 – 73-jährigen auf 22,5 % an.3
Sie möchten mehr darüber wissen, wie Sie Patient:innen erkennen können, die ein erhöhtes Risiko für Pneumokokken-Erkrankungen haben? Hier erfahren Sie mehr!
Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko aktiv ansprechen und über die Übertragungswege sowie möglichen Folgen einer Pneumokokken-Erkrankung aufklären!
Pneumokokken werden durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Auch wenn Kleinkinder mit einer asymptomatischen Besiedlung des Nasen-Rachen-Raumes aus epidemiologischer Sicht das wichtigste Erregerreservoir darstellen, können auch Jugendliche und Erwachsene betroffen sein. Erhöhte Meldeinzidenzen gibt es für Kinder unter 2 Jahren und Erwachsene im höheren Lebensalter. Als Präventionsmaßnahme empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Pneumokokken-Impfung, um die Zahl invasiver Pneumokokken-Erkrankungen und Pneumokokken-Pneumonien sowie deren Folgen wie Krankenhauseinweisungen, Behinderung und Tod zu reduzieren.4
Sie möchten sich genauer über Pneumokokken-Infektionen informieren? Die wichtigsten Fakten haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Patient:innen aktiv über die STIKO-Empfehlung zur Pneumokokken-Impfung informieren!
Neben der Grundimmunisierung im Säuglingsalter empfiehlt die STIKO u. a. auch die Standardimpfung gegen Pneumokokken für alle Personen ab 60 Jahren. Darüber hinaus empfiehlt die STIKO eine Indikationsimpfung gegen Pneumokokken für Personengruppen, auf die bestimmte Risikofaktoren für schwere Pneumokokken-Erkrankungen zutreffen.6
Jeder Kontakt mit Patient:innen, für die eine entsprechende Impfung empfohlen wird, kann sich dabei anbieten, um den Impfstatus zu überprüfen und zu vervollständigen, z. B.:7
- der Erstkontakt mit neuen Patient:innen
- alle Früherkennungsuntersuchungen
- besondere Ereignisse, z. B. Verletzungen oder Unfälle
- saisonale Anlässe, z. B. Reisen oder Auslandsaufenthalte oder die Influenza-Impfungen
Eine Zusammenfassung der STIKO-Empfehlungen zur Pneumokokken-Impfung finden Sie hier!
Was heißt eigentlich Herdenschutz?
Impfungen können nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Infektion des Geimpften reduzieren, sondern auch die Übertragung auf andere. Sie können die Impfbereitschaft steigern, indem Sie Patient:innen das Konzept und die Vorteile der Herdenimmunität vermitteln: den Schutz der Gemeinschaft durch Impfung des Einzelnen.8
Als konkretes Beispiel könnten Sie z. B. die erzielten Herdenschutzeffekte durch die Pneumokokken-Impfung von Säuglingen nennen. Die Säuglingsimpfung gegen Pneumokokken hat zu einem deutlichen Rückgang der im Impfstoff enthaltenen Serotypen auch unter den Erkrankungsfällen bei Senior:innen geführt:4
Wie kann man Impflingen die Angst vor der Impfung nehmen?
Die Angst vor Schmerzen bei der Injektion von Impfstoffen kann zu einer negativen Einstellung gegenüber dem Arztbesuch, der Impfung und der Akzeptanz von Impfungen führen. Generell sollten Impfende eine ruhige Ausstrahlung haben, kooperativ und sachkundig sein. Um die Angst beim Impfling nicht zu verstärken und Missverständnissen vorzubeugen, ist eine neutrale, bedachte Wortwahl empfehlenswert bei der Erklärung der Impfung:6
- Sie sollten Kinder ab 3 Jahren, Jugendliche und Erwachsene direkt vor der Impfung darüber aufklären, was bei der Impfung passiert und wie sie Angst oder mögliche Schmerzen am besten bewältigen können.6
- Erwachsene können Sie zur Ablenkung zu leichten Hustenstößen oder Luftanhalten auffordern.6
- Wichtig ist, dass Sie vermeintlich beruhigende Aussagen vermeiden sollten, wie z. B. „Das tut überhaupt nicht weh.“6
Maßnahmen, die von der STIKO explizit nicht zur Schmerzreduktion empfohlen werden, sind den Impfstoff zu erwärmen, vor oder während der Impfung orale Analgetika zu geben und die Injektionsstelle manuell zu stimulieren, z. B. durch Reiben oder Kneifen.6
Nicht vergessen: an die Impfung erinnern!
Die meisten Praxisverwaltungssysteme bieten EDV-gestützte Impfmanagementsysteme an. Diese können im Praxisalltag helfen, immer den Überblick über die anstehenden Impftermine zu behalten und eventuelle Impflücken zu erkennen. In Deutschland nutzen ca. 7.000 Praxen solche Systeme. Diese zeigen durch ein Ampelsystem Impflücken an und schlagen eine Impfplanung vor. Dabei sind sie über eine Schnittstelle an das Praxisverwaltungssystem angebunden. Beim Öffnen der elektronischen Patientenkartei wird der Impfstatus automatisch erhoben. Beim nächsten Termin können Sie Patient:innen direkt zum anstehenden Impftermin ansprechen oder mit einer entsprechenden Einwilligung der Patient:innen über ein Erinnerungssystem kontaktieren, z.B. per Postkarte, Textnachricht oder Telefonanruf.7
Unser Fazit für Sie
Das Risiko für eine schwer verlaufende Pneumokokken-Erkrankung ist u. a. altersabhängig, wobei Kinder in den ersten beiden Lebensjahren sowie ältere Menschen besonders gefährdet sind.2 Die Impfrate unter älteren Menschen ist unzureichend. Auch Sie als MFA können einen Beitrag dazu leisten, den Impfschutz von Patient:innen zu verbessern: Sensibilisieren Sie Patient:innen für das Thema Pneumokokken und unterstützen Sie bei der Aufklärung über die aktuellen Impfempfehlungen. Sprechen Sie Patient:innen z. B. beim nächsten Termin direkt zum anstehenden Impftermin an oder kontaktieren Sie diese über ein Erinnerungssystem.7
Quellen
- Robert Koch-Institut. PneumoWeb. Laborsentinel invasiver Pneumokokken-Erkrankungen. http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Sentinel/Pneumoweb/Pneumoweb_node.html, [aufgerufen am 17.08.2022].
- Robert Koch-Institut (RKI), Schutzimpfung gegen Pneumokokken: Häufig gestellte Fragen und Antworten. Stand: 23.06.2020. https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Pneumokokken/FAQ-Liste_Pneumokokken_Impfen.html. [eingesehen am 17.08.2022].
- Robert Koch-Institut (RKI). Impfquoten bei Erwachsenen in Deutschland – Aktuelles aus der KV-Impfsurveillance. Epid Bull 2021;50:3-22.
- Robert Koch-Institut (RKI). Wissenschaftliche Begründung für die Aktualisierung der Pneumokokken-Impfempfehlung für Senioren. Epid Bull 2016;36:352-84.
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Pneumokokken-Impfung bei Erwachsenen. https://www.impfen-info.de/impfempfehlungen/fuer-erwachsene/pneumokokken.html [eingesehen am 17.08.2022].
- Robert Koch-Institut (RKI). Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2022. Epid Bull 2022;4:3- 67.
- Schelling J et al. Elektronische Impfmanagementsysteme in der Praxis zur Verbesserung der Impfquoten. Bundesgesundheitsbl 2019;62:433-39.
- Betsch C et al. On the benefits of explaining herd immunity in vaccine advocacy. Nat Human Behav 2017;1:0056. DOI: 10.1038/s41562-017-0056.