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Zwickmühle? Wenn Eltern sich nicht über Impfungen einigen

Zwickmühle? Wenn Eltern sich nicht über Impfungen einigen

Die Einwilligung der Eltern zur Schutzimpfung ihres Kindes wird in der Patientenakte dokumentiert.1 Aber nicht immer sind Eltern sich darüber einig. Wer das letzte Wort bei der Entscheidung für oder gegen die Impfung des Kindes hat, lesen Sie hier.

Eltern streiten um Kind

Eltern haben die Pflicht und das Recht, für ihr minderjähriges Kind zu sorgen.2 Da es in Deutschland für Minderjährige keine allgemeine Impfpflicht gibt, obliegt die Impfentscheidung den Sorgeberechtigten. Liegt das Sorgerecht bei einem Elternteil allein, trifft nur diese Person die Entscheidungen für das Kind.1 Doch wer darf bei geteiltem Sorgerecht über die Impfung des Kindes bestimmen, wenn die Eltern nicht einer Meinung sind?

Impfungen haben eine erhebliche Bedeutung

In so einem Fall kommt es darauf an, ob die fragliche Entscheidung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist. Dann ist das gegenseitige Einvernehmen der Eltern erforderlich. Angelegenheiten des täglichen Lebens hingegen werden von dem Elternteil entschieden, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält.1

In der Rechtsprechung war die Einordnung der Schutzimpfung Minderjähriger umstritten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diesbezüglich im Jahr 2017 eine Grundsatzentscheidung getroffen (XII ZB 157/16): Die Durchführung von Schutzimpfungen ist eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für ein Kind.1

Die Entscheidung für oder gegen eine Impfung zum Schutz vor bestimmten Infektionskrankheiten wird im Gegensatz zu Angelegenheiten des täglichen Lebens nur einmal getroffen. Das Risiko einer Impfschädigung und das vermeidbare Infektionsrisiko durch eine Impfung begründen die erhebliche Bedeutung. Daher darf ein Elternteil nicht allein über die Impfung entscheiden.1 Doch was passiert, wenn die Eltern unterschiedliche Ansichten haben?

Uneinigkeit: Familiengerichte haben das Kindeswohl im Blick

Bei Meinungsverschiedenheiten in der elterlichen Sorge müssen die Eltern versuchen, sich zu einigen (§ 1627 BGB).3 Können die Eltern über eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind nicht übereinkommen, kann das Familiengericht auf Antrag die Entscheidung einem Elternteil übertragen.4 Maßgebend ist die sachlich bessere Begründung des Standpunkts. Als wichtigstes Kriterium wird das Kindeswohl herangezogen.1

BGH: STIKO-Empfehlung ist ausschlaggebend

Der BGH hat daher in seinem Grundsatzurteil bestätigt: Im Streit über Impfungen wird die Entscheidungsbefugnis dem Elternteil übertragen, das den Empfehlungen der STIKO folgt.1 Die Impfempfehlungen der STIKO sind vom BGH bereits als medizinischer Standard anerkannt worden. Solange keine bestehenden besonderen Impfrisiken vorliegen, kann auf die Impfempfehlungen als vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgegriffen werden.5

Proaktives Impfmanagement

Schutzimpfungen von Kindern gehören zum Praxisalltag. Grundsätzlich sollte jeder Arztbesuch dazu genutzt werden, die Impfdokumentation zu überprüfen und ggf. den Impfschutz zu vervollständigen.6

Bei der Impfung spielen Sie als MFA eine entscheidende Rolle.6 Von der Organisation des Bestell-, Kontroll- und Aufbewahrungssystems von Impfstoffen, über das Ansprechen und Erinnern von Patient:innen an Impftermine bis zur Injektion des Impfserums7 – Sie sorgen mit gutem Impfmanagement für einen reibungslosen Ablauf in Ihrer Praxis6.

Lesetipps:
Wenn Sie mehr darüber lesen wollen, wie Sie als MFA die Betreuung der Patient:innen verbessern können, empfehlen wir diesen Beitrag.

Haben Sie bereits Erfahrung im Gespräch mit impfkritischen Patient:innen? Wir haben Antworten auf 10 häufige Impf-Einwände hier zusammengestellt.

Quellen:

  1. Robert Koch-Institut (RKI). Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2023. Epid Bull 2023;4:3-68.
  2. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). § 1626 Elterliche Sorge, Grundsätze. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1626.html. [eingesehen am 29.09.2023].
  3. Weber M. Impfung Minderjähriger: Wenn es Streit gibt. Heilberufe. 2022;74(5):41-43. DOI: 10.1007/s00058-022-2259-5.
  4. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). § 1627 Ausübung der elterlichen Sorge. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1627.html. [eingesehen am 29.09.2023].
  5. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). § 1628 Gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1628.html. [eingesehen am 29.09.2023].
  6. Bundesgerichtshof (BGH). Entscheidungsrecht bei Uneinigkeit der Eltern über Schutzimpfung ihres Kindes. Mitteilung der Pressestelle Nr. 82/2017. Abrufbar unter: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2017-5&nr=78383&anz=25&pos=3&Blank=1. [eingesehen am 29.09.2023].
  7. Verordnung über die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten vom 26. April 2006.

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